BEOBACHTUNGEN UND BEMERKUNGEN ZUR HALTUNG DER GROSSEN WÜSTENSPRINGMAUS

(JACULUS ORIENTALIS)

Die Springmausartigen (Dipodidae) stellen innerhalb der Unterordnung Mäuseartige (Myomorpha) eine sehr eigenständige Gruppe dar. Neben ursprünglichen Merkmalen weisen die Springmausartigen ein hohes Maß an Spezialisation, vor allem des Bewegungsapperates auf. Während Wühler (Cricetidae) und Echte Mäuse (Muridae) in vielen Arten gehalten und auch mehr oder weniger regelmäßig gezüchtet werden, sind von den 27 Arten der Familie Dipodidae nur zwei Vertreter der vornehmlich nordafrikanischen Gattung Jaculus (J. jaculus und J. orientalis) einigermaßen regelmäßig in unseren Beständen vertreten. Die asiatischen Pferdespringer sind allenfalls in Einzeltieren gehalten worden. Von Allactaga elater und A. sibirica sind neuerdings wenige Paare im Berliner Raum vorhanden. Die Zuchterfolge sind insgesamt, unbefriedigend.

Vor zwei Jahren erhielt ich zunächst ein einzelnes Männchen von Jaculus orientalis, dem kurze Zeit später 1,1 folgten. Alle Tiere waren vollerwachsen und bereits längere Zeit in Menschenhand. Derzeit dürften alle Tiere über vier Jahre alt sein.

Meine Jaculus orientalis sind in einem Käfig von 140x45 cm Grundfläche untergebracht, dessen Rück- und Seitenwände aus kunststoffbeschichteten Spanplatten bestehen, während Vorderfront und Dach aus Draht bestehen. Eine an der Vorderseite angebrachte Glasscheibe von 15 cm Höhe erlaubt das Einbringen von Sand. Als Reserveunterkünfte dienen übliche Glasbecken der Kantenlänge 100 cm. Letztlich erscheint mir die konventionelle Unter-bringung von J. orientalis unbefriedigend, da die Tiere auch in noch größeren Becken kaum von ihrer springenden Bewegungsweise Gebrauch machen können, sondern sich fast aus-schließlich laufend fortbewegen. Die ändert sich schlagartig, wenn den Tieren z.B. ein langgestreckter Flur zur Verfügung steht. Ein täglicher Auslauf wird von den Tieren mit viel "Springfreude" angenommen und erweist sich als unproblematisch, da Harn nur in seltenen, Ausnahmefällen abgesetzt wird und der Kot derart trocken ist, daß er problemlos aufge-sammelt werden kann. Meine beiden nicht handzahmen Tiere sind, sobald sie ein wenig, Fluchtmöglichkeit haben, wenig schreckhaft und lassen sich mittels eines Schlafkastens problemlos zurücksetzen. Das weibliche Tier ist vollkommen zahm und läßt sich jederzeit greifen.

 

Große Wüstenspringmaus (Jaculus orientalis);
Foto und Haltung: Jens Kämmerling; 1997

Allgemein wird von einem hohen bis sehr hohen Temperaturbedürfnis von J. orientalis ausgegangen. Meine Tiere werden bei normalen Zimmertemperaturen gehalten, wobei sie auch beim Absinken auf 16 OC aktiv bleiben und keinerlei Unwohlsein zeigen. Auch bei kurzfristigem Auslauf in kühleren Räumen (120C) zeigen die Tiere intensives Komfort-verhalten (Putzen, Wälzen), so daß mir eine gute Belüftung der Springmausunterkünfte wichtiger erscheint als hohe bis sehr hohe Temperaturen. Bei der Wahl der Einstreu muß man für Trittsicherheit sorgen und unbedingt Sand zur Verfügung stellen. Dieser wird für allabendliche ausgiebige Sandbäder benötigt und ist auch in Ruhephasen bevorzugter Aufenthaltsbereich. Nach Versuchen mit Streu/Heugemischen bin ich zu reiner Sandhaltung (Gemisch Vogelsand-Chinchillasand) übergegangen. Die Reinigung erfolgt durch Sieben bzw. gelegentliches Auswechseln.
Schlafhäuser halte ich für eine ungestörte Tagesruhe und entsprechende Nestwärme für unbedingt erforderlich. Bei mir messen sie 23x16x16 cm und erlauben den Tieren den Bau umfangreicher Kugelnester. Wichtig ist, daß das Schlupfloch mit 4,5 cm Durchmesser keinesfalls zu groß gewählt wird, da die Tiere das Schlupfloch allmorgendlich sorgfältig mit einem Sand-Nistmaterial-Gemisch zustopfen. Michael Jordan züchtet erfolgreich in innen dunkel angestrichenen, runden Konservendosen als Nistkästen, während Anjali Gutleber Kästen mit einem schleusenartigen Vorraum verwendet. Als Nistmaterial haben sich bei mir Toilettenpapier, Heu und Hundehaare bewährt. Die weitere Käfigeinrichtung besteht lediglich aus einer Korkröhre, um den ohnehin begrenzten Raum nicht weiter einzuengen.

Die Haltung von 2,1 Tieren hat sich auf Dauer nicht bewährt, ein männliches Tier wurde mehr und mehr abgedrängt, ohne jedoch ernsthaft verletzt zu werden. Auch bei paarweiser Haltung kann es zu zeitweiligen Unverträglichkeiten kommen, weshalb ich jedem Tier ein eigenes Schlafhaus zur Verfügung stelle. Bei paarweiser Haltung verbringen die Tiere den Tag meist getrennt in ihren Schlafhäusern. Oberhaupt scheint J. orientalis ein nicht allzu soziales Tier zu sein. M. Jordan hält seine Tiere einzeln und setzt sie nur zur Paarung zusammen. Ein Zusammengewöhnen auch nach längerer Einzelhaltung war bei mir nach einigen Tagen Gitterkontakt stets problemlos.

Die Fütterung von Jaculus orientalis ist unproblematisch. Angenommen werden übliche Körnermischungen, wobei ich Hamster- und Meerschweinchenfutter mische, um den Anteil an Sonnenblumenkernen und Erdnüssen zu, begrenzen. Beigemischte Pellets werden ignoriert. Hirse (Wellensittichfutter) biete ich regelmäßig an, wird aber nur gefressen, wenn andere Futtermittel nicht zur Verfügung stehen. Hinsichtlich des Grünfutters erwiesen sich meine Springmäuse als ausgesprochen einseitig. Möhre, Gurke, Apfel, Löwenzahn, Banane u.v.m.-. wurden stets abgelehnt, lediglich Eisbergsalat wird regelmäßig angenommen. Zusätzlich füttere ich trockene Weißbrotwürfel, mit denen ich auch 2-3mal/Woche einen Tropfen eines Multivitaminpräparates zuverläßlich in jede Maus bringe, da diese sehr gerne genommen werden. Zum Benagen stehen altes Brot und Hundeknochen zur Verfügung. Beofutter, Mehlwürmer, Hundefutter (feucht, halbfeucht, trocken), Hühnerfleisch, Lammknochen, Käse oder hartgekochte Eier werden nicht angenommen, obwohl in der Literatur immer wieder von einem Insektenanteil an der Nahrung berichtet wird. Wasser wird zeitweilig gern aufgenommen und steht den Tieren jederzeit zur Verfügung, ebenso wie Salzlecksteine, die regelmäßig beleckt werden. Kolbenhirse, Zweige, Grasbüschel mit Erde, Pappröhren und ähnliches gebe ich regelmäßig in den Käfig, um den Tieren immer wieder etwas Neues anzubieten.

Meine Tiere zeigen regelmäßig Paarungsverhalten. Trotzdem ist es bislang zu keiner Geburt von Jungtieren gekommen. Eine Ursache vermag ich nicht zu nennen. Vielleicht ist das Weibchen bereits zu alt. Die Zucht- und Aufzuchtsergebnisse von Jaculus orientalis sind nicht zufriedenstellend, was allerdings auch für alle anderen Springmausartigen gilt. Von sieben Haltern in der BAG erzielte 1996 nur Michael Jordan in England Nachzucht, Auffällig ist, daß Zuchterfolge unter unterschiedlichen Bedingungen auch z. B. in sehr kleinen Käfigen erzielt wurden. Vor allem zur Zucht bleiben sicher viele Fragen offen. Daher hoffe ich auf Austausch von Erfahrungen und ggf. Tieren und Meinungen zur notwendigen Käfiggröße für Springmausartige.

Schrifttum:
BAUER, H.. (1979): Streifenhörnehen und andere Kleinsäuger, Albrecht Philler Verlag, Minden. BLASZKIEWITZ, B. (1990): Einiges zur Haltung und Zucht Mäuseartiger (Muroidea) im Zoologischen Garten, Bongo 16, 71-78. NIETHAMMER, J. (1988): In: GRZIMEK, B, (Hrsg.), Grzimeks Enzyklopädie Säugetiere, Bd. 3, Kindler Verlag, München PIECHOCKI, R. (1970): In: GRZIMEK, B. (Hrsg.), Grzimeks Tierleben, Bd. 11, Kindler Verlag, München PUSCHMANN, W. (1989): Zootierhaltung, Deutscher Landwirtschaftsverlag, Berlin. RUDLOFF, K. (1994) Bemerkungen über einige Kleinsäuger - Springmäuse, Dipodidae,- Milu 8,199-213. STARCK, D. (1978)* Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere auf evolutionsbiologischer Grundlage, Springer-Verlag, Berlin u. Heidelberg.

Jens Kämmerling, Grüntaler Straße 56, D-13359 Berlin

Bericht aus Heft 2/97
Mitteilungen
der Bundesarbeitsgruppe (BAG)
Kleinsäuger
 


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