VORLÄUFIGE BESTIMMUNGSHILFE FÜR STACHELMÄUSE
Stachelmäuse sind ungemein interessante Kleinnager mit einem bemerkenswerten
Sozialleben. Sie sind die einzigen Langschwanzmäuse, die eine Tragzeit
von 34-39 Tagen habend also ca. zwei Wochen länger als bei den übrigen
Arten. Meist werden zwei Junge geboren, Vierlinge und vereinzelt Fünflinge
sind die Ausnahme. Die Stachelmauskinder sind als Nestflüchter weit
entwickelt. Bei einigen Arten öffnen sie schon kurz nach der Geburt
die Augen. Bei der Geburt betätigen sich andere Weibchen als "Hebammen"
oder versuchen sogar Jungtiere zu adoptieren. Kennzeichnend auf den ersten
Blick sind für die Gattung Acomys di abgeflachten, innen hohlen und
steifen Rücken"haare". Je nach Art oder Unterart sind Stacheln
entweder über den ganzen Rücken oder meist partiell auf dem
Hinterrücken verteilt. Die Farbskala reicht von hellgelb über
alle Varianten von braun bis grau und schwarz.
Stachelmäuse bewohnen hauptsächlich felsige öde Biotope
in Steppen- und Wüstengebiete von Vorderasien bis Süd-Afrika.
Auf der Insel Kreta erreichen Stachelmäuse sogar Europa. Nur die
Nil-Stachelmaus (Acomys cahinnus) scheint menschliche Siedlungen zu bevorzugen
und wird in Ägypten auch "Haus-Maus" genannt.
Noch sind die systematischen Untersuchungen im Gange. Vor kurzem wurden
nur 5-6 Arten unterschieden. Inzwischen sind über 15 Arten aufgrund
von weitergehenden morphologischen, genetischen und Verhaltensuntersuchungen
anerkannt. Davon wurden und werden insgesamt 6 Arten und einige Unterarten
in den letzten Jahren in Privathand, Instituten und Tiergärten gehalten.
Da leider immer wieder Verwechslungen vorkommen, soll im folgenden eine
vorläufige Bestimmungshilfe für die bisher bei uns gehaltenen
Stachel-mäuse vorgestellt werden. Wir möchten damit auch eine
einheitliche Namengebung anstreben. Für weitere Hinweise und Angaben
sind wir natürlich immer dankbar.

1. Goldstachelmaus, Acomys russatus (Wagner, 1840)
Foto: Klaus Rudloff 11.Vll.1980, Haltung: Tierpark Berlin
Einheitlich goldgelb. Unterseite etwas heller, aber nie scharf von der
Oberseite abgesetzt.
Schwarze Haut, schwarze Ohren und schwarzer Schwanz. Angedeuteter Fleck
unter dem
Auge, hellere Fellpartien hinter dem Ohr. Fußsohlen schwarz (auch
bei Acomys Iewis.
Stacheln reichen von der Schulter bis zum Schwanz. Schwanz behaart und
deutlich kürzer
als Körper. Die Verbreitung geht von NO-Ägypten über den
Sinai und Israel bis 0-Arabien.

2. Jordanien-Stachelmaus, Acomys Iewisi Atallah, 1967
Foto: Klaus Rudloff 20.111.1997, Haltung: Tierpark Berlin
Oberseite und Unterseite dunkelgrau bis schwarz. Gesamtgesalt wirkt gedrungener
als bei den anderen Stachelmäusen. Stacheln über ganzen Körper
verteilt. Manchmal heller Unteraugenfleck. Ohren kurz und innen behaart.
Schwanz kurz. Fußsohlen wie bei Goldstachelmaus ebenfalls schwarz.
Ist nur von zwei Fundorten in Jordanien nahe der syrischen Grenze bekannt.

3. Kordofan-Stachelmaus, Acomys cineraceus Fitzringer &
Heuglin,1866
Foto: Klaus Rudloff 14.VIll.1993, Haltung: Zoo Berlin
Braune bis dunkelbraune Oberseite. Gesicht grau. Unterohrfleck, Kehle
und Bauch weiß.
Ohren dunkel, innen unbehaart, wirken relativ kurz. Graue Stacheln ab
Gesichtsmitte über
ganzen Rücken verteilt (wirkt wie ein kleiner Igel). Das Hauptverbreitungsgebiet
ist Zentral-
Sudan und möglicherweise W-Äthiopien. Die Populationen in Äthiopien,
im S-Sudan und in
Westafrika sind möglicherweise eigenständige Arten.

4. Dunkle Nil-Stachelmaus, Acomys cahinnus cahirinus (Desmarest,
1819) Foto und Haltung: Mike und Debbie Jordan
Dunkelgrau, blaugrau bis schwarz. Unterseite grau, undeutlich von Oberseite
abgesetzt (Unterschied zur Sinai-Stachelmaus mit weißer scharf abgesetzter
Unterseite). Manchmal weiße Beine und Bauchflecken. Fußsohlen
aber immer hell (Unterschied zu Gold- und Jordanien-Stachelmaus. Stacheln
ab Rückenmitte bis Schwanz. Schwanz dunkel. Ohren lang und dunkel,
innen unbehaart. Die Nominatform kommt in Ägypten entlang des Nils
vor. Außerdem ist von dieser<?) Unterart auch eine hellgraue
Variante bekannt.

5. Palästina- o. Rote Sinai-Stachelmaus, Acomys dimidiatus
dimidiatus (Cretzschmar, 1826) Foto: Klaus Rudloff 2. IX. 1992, Haltung:
Tierpark Berlin
Orangebraun bis rotbraun. Scharf abgesetzte weiße Unterseite, weißer
Unteraugenfleck. Ohren lang, dunkel, innen nicht behaart. Bekannt aus
dem vormaligen Palästina.

6. Kreta-Stachelmaus, Acomys minous Bate,1906 Foto und Haltung:
Mike und Debbie Jordan 15.VllI.1996
Gesicht, auch um die Augen grau, ebenso der Rücken. Unterseite weiß,
scharf von Oberseite getrennt. Körperseiten braungelb gefärbt.
Schwanz lang, größer oder gleich der Kopfrumpflänge, haarlos
und dunkel. Ohren nackt und sehr dunkel. Heller Fleck unter dem Auge,
aber nicht so kontrastreich wie bei Sinai-Stachelmaus. Fußsohlen
wie bei Sinai--Stachelmaus hell.
5, 7 u. 8. Sinai-Stachelmaus, Acomys dimidiatus (Cretzschmar,1
826) Fußsohlen hell, Stacheln sind auf die hinteren Teile (2/3)
des Rückens beschränkt. Schwanz meist etwas kürzer als
Kopf-Rumpf-Länge. Die Sinai-Stachelmaus wird von einigen Autoren
auch zum Artenkreis Acomys cahinnus gestellt. Fortpflanzungsversuche und
genetische Untersuchungsergebnisse deuten aber auf eine artliche Abtrennung
von der Kairo-Stachel-maus. Die Verbreitung der Sinai-Stachelmaus reicht
vom Sinai über den gesamten Vorderen Orient und Arabien bis Iran
und Pakistan.

7. Helle Sinai-Stachelmaus, Acomys dimidiatus ssp.
Foto: Klaus Rudloff 26.1.1991, Haltung: Tierpark Berlin
Fell gelblich. Unterseite weiß, scharf von Oberseite getrennt. Ohren
hellgrau bis mittelgrau.
Niemals grau gefärbt zwischen Ohr und Auge. Die Herkunft dieser Farbvariante
ist nicht
genau bekannt, möglicherweise handelt es sich um Tiere aus Laborzuchten.

8. Suez-Stachelmaus, Acomys dimidiatus megalodus Setzer,1959
Foto: Klaus Rudloff 20.111.1997, Haltung: Tierpark Berlin
Gelbbraune bis nußbraune Oberseite. Klar getrennt von der weißen
Unterseite. Wangen-färbung (zwischen Auge und Ohr) immer braun. Schwanz
hell, Ohren dunkel. Typusfundort dieser Unterart ist das Wadi Sayal nahe
Suez in Ägypten.
Erläuterungen zur Farbseite Stachelmäuse:
Leider werden die Abbildungen Nr.4 (Dunkle NiI-Stachelmaus) und Nr.6
(Kreta-Stachel zu blaustichig und etwas zu dunkel dargestellt. Für
die Farbvorlagen wurden Filmmate' verschiedener Hersteller verwendet.
Es war uns nicht möglich, alle Bilder mit den uns Verfügung
stehenden Gräten korrekt auszusteuen und wiederzugeben. Wir bitten
dafür um Nachsicht.
Tabelle Maße und Gewichte (zusammengestellt nach
verschiedenen Autoren) |
|
wiss. Name Acomys |
Körperlänge |
Schwanzlänge |
Hinterfußlänge |
Ohrlänge in mm |
Gewicht in g |
|
A.cahirinus |
100-120 |
92-137 |
18-22 |
18-24 |
40-100 |
A.dimidiatus |
85-125 |
75-127 |
18-23 |
18-28 |
- |
A.d.megalodus |
- |
118 |
22 |
25,5 |
- |
A.lewisi |
115-192 |
61-74 |
19-20 |
17-19 |
- |
A.minous |
92-128 |
89-120 |
18-20 |
16,5-19,5 |
30-86 |
A.russatus |
84-248 |
57-70 |
15-19,5 |
11,8-20,3 |
45-60 |
Schrifttum:
DIETERLEN,F. (1981): Beiträge zur Biologie der Stachelmaus Acomys
cahinnus dimidia Cretzschmer. Zeitschrift für Säugetierkunde
26, 1-13.
DIETERLEN,F. (1983): Zur Kenntnis der Kreta-Stachelmaus Acomys (cahirinus)
minous Zeitschrift für Säugetierkunde 28, 47-57.
DIETERLEN,F. (1978): Acomys minous (Bate, 1905) - Kreta-Stachelmaus.
In: NIETHAMMER,J. & KRAPP,F.: Handbuch der Säugetiere Europa
Band 1, Nagetiere 1, 452-461. Wiesbaden.
DIETERLEN,F. <1988): Echte Mäuse oder Langschwanzmäuse.
In: Grzimeks Enzyklopädie - Säugetiere, Band 3, 199-201.
HAENSEL, J. <1991): Stachelmäuse. Kleinnager mit bemerkenswertem
Sozialleben. Unsere Kleintiere 1991, H.1i, 35.
HAIM,A. (Hrsg.) (1994): Acomys: Ecology, Physiology, and Systematic.
Israel Journal of Zoology, Vol.40, No.2.
HARRISON,D.L. (1972): The Mammals of Arabia. Vol.3. Lagomorpha, Rodentia.
London.
METTLER, M. (1994): In het Spoor van de Stekelmuis.
VEZ (Vereniging van Iiefhebbers van Exotische Zoogdieren) 1994, H
NQWAK,R.M. (1991): Walker's Mammals of the World. Fifth Ed., Vol.2.Baltimore
& London
Klaus Rudloff, Tierpark Berlin, Am Tierpark 125, 10307 Berlin
Mike Jordan, Sparsholt College, 15 Raven Road, Hook, Hampshire RG27 9HH
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