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Mitteilungsheft 3/97

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VORLÄUFIGE BESTIMMUNGSHILFE FÜR STACHELMÄUSE


Stachelmäuse sind ungemein interessante Kleinnager mit einem bemerkenswerten Sozialleben. Sie sind die einzigen Langschwanzmäuse, die eine Tragzeit von 34-39 Tagen habend also ca. zwei Wochen länger als bei den übrigen Arten. Meist werden zwei Junge geboren, Vierlinge und vereinzelt Fünflinge sind die Ausnahme. Die Stachelmauskinder sind als Nestflüchter weit entwickelt. Bei einigen Arten öffnen sie schon kurz nach der Geburt die Augen. Bei der Geburt betätigen sich andere Weibchen als "Hebammen" oder versuchen sogar Jungtiere zu adoptieren. Kennzeichnend auf den ersten Blick sind für die Gattung Acomys di abgeflachten, innen hohlen und steifen Rücken"haare". Je nach Art oder Unterart sind Stacheln entweder über den ganzen Rücken oder meist partiell auf dem Hinterrücken verteilt. Die Farbskala reicht von hellgelb über alle Varianten von braun bis grau und schwarz.
Stachelmäuse bewohnen hauptsächlich felsige öde Biotope in Steppen- und Wüstengebiete von Vorderasien bis Süd-Afrika. Auf der Insel Kreta erreichen Stachelmäuse sogar Europa. Nur die Nil-Stachelmaus (Acomys cahinnus) scheint menschliche Siedlungen zu bevorzugen und wird in Ägypten auch "Haus-Maus" genannt.

Noch sind die systematischen Untersuchungen im Gange. Vor kurzem wurden nur 5-6 Arten unterschieden. Inzwischen sind über 15 Arten aufgrund von weitergehenden morphologischen, genetischen und Verhaltensuntersuchungen anerkannt. Davon wurden und werden insgesamt 6 Arten und einige Unterarten in den letzten Jahren in Privathand, Instituten und Tiergärten gehalten. Da leider immer wieder Verwechslungen vorkommen, soll im folgenden eine vorläufige Bestimmungshilfe für die bisher bei uns gehaltenen Stachel-mäuse vorgestellt werden. Wir möchten damit auch eine einheitliche Namengebung anstreben. Für weitere Hinweise und Angaben sind wir natürlich immer dankbar.


1. Goldstachelmaus, Acomys russatus (Wagner, 1840)
Foto: Klaus Rudloff 11.Vll.1980, Haltung: Tierpark Berlin
Einheitlich goldgelb. Unterseite etwas heller, aber nie scharf von der Oberseite abgesetzt.
Schwarze Haut, schwarze Ohren und schwarzer Schwanz. Angedeuteter Fleck unter dem
Auge, hellere Fellpartien hinter dem Ohr. Fußsohlen schwarz (auch bei Acomys Iewis.
Stacheln reichen von der Schulter bis zum Schwanz. Schwanz behaart und deutlich kürzer
als Körper. Die Verbreitung geht von NO-Ägypten über den Sinai und Israel bis 0-Arabien.


2. Jordanien-Stachelmaus, Acomys Iewisi Atallah, 1967
Foto: Klaus Rudloff 20.111.1997, Haltung: Tierpark Berlin
Oberseite und Unterseite dunkelgrau bis schwarz. Gesamtgesalt wirkt gedrungener als bei den anderen Stachelmäusen. Stacheln über ganzen Körper verteilt. Manchmal heller Unteraugenfleck. Ohren kurz und innen behaart. Schwanz kurz. Fußsohlen wie bei Goldstachelmaus ebenfalls schwarz. Ist nur von zwei Fundorten in Jordanien nahe der syrischen Grenze bekannt.


3. Kordofan-Stachelmaus, Acomys cineraceus Fitzringer & Heuglin,1866
Foto: Klaus Rudloff 14.VIll.1993, Haltung: Zoo Berlin
Braune bis dunkelbraune Oberseite. Gesicht grau. Unterohrfleck, Kehle und Bauch weiß.
Ohren dunkel, innen unbehaart, wirken relativ kurz. Graue Stacheln ab Gesichtsmitte über
ganzen Rücken verteilt (wirkt wie ein kleiner Igel). Das Hauptverbreitungsgebiet ist Zentral-
Sudan und möglicherweise W-Äthiopien. Die Populationen in Äthiopien, im S-Sudan und in
Westafrika sind möglicherweise eigenständige Arten.


4. Dunkle Nil-Stachelmaus, Acomys cahinnus cahirinus (Desmarest, 1819) Foto und Haltung: Mike und Debbie Jordan
Dunkelgrau, blaugrau bis schwarz. Unterseite grau, undeutlich von Oberseite abgesetzt (Unterschied zur Sinai-Stachelmaus mit weißer scharf abgesetzter Unterseite). Manchmal weiße Beine und Bauchflecken. Fußsohlen aber immer hell (Unterschied zu Gold- und Jordanien-Stachelmaus. Stacheln ab Rückenmitte bis Schwanz. Schwanz dunkel. Ohren lang und dunkel, innen unbehaart. Die Nominatform kommt in Ägypten entlang des Nils vor. Außerdem ist von dieser<?) Unterart auch eine hellgraue Variante bekannt.


5. Palästina- o. Rote Sinai-Stachelmaus, Acomys dimidiatus dimidiatus (Cretzschmar, 1826) Foto: Klaus Rudloff 2. IX. 1992, Haltung: Tierpark Berlin
Orangebraun bis rotbraun. Scharf abgesetzte weiße Unterseite, weißer Unteraugenfleck. Ohren lang, dunkel, innen nicht behaart. Bekannt aus dem vormaligen Palästina.


6. Kreta-Stachelmaus, Acomys minous Bate,1906 Foto und Haltung: Mike und Debbie Jordan 15.VllI.1996
Gesicht, auch um die Augen grau, ebenso der Rücken. Unterseite weiß, scharf von Oberseite getrennt. Körperseiten braungelb gefärbt. Schwanz lang, größer oder gleich der Kopfrumpflänge, haarlos und dunkel. Ohren nackt und sehr dunkel. Heller Fleck unter dem Auge, aber nicht so kontrastreich wie bei Sinai-Stachelmaus. Fußsohlen wie bei Sinai--Stachelmaus hell.
5, 7 u. 8. Sinai-Stachelmaus, Acomys dimidiatus (Cretzschmar,1 826) Fußsohlen hell, Stacheln sind auf die hinteren Teile (2/3) des Rückens beschränkt. Schwanz meist etwas kürzer als Kopf-Rumpf-Länge. Die Sinai-Stachelmaus wird von einigen Autoren auch zum Artenkreis Acomys cahinnus gestellt. Fortpflanzungsversuche und genetische Untersuchungsergebnisse deuten aber auf eine artliche Abtrennung von der Kairo-Stachel-maus. Die Verbreitung der Sinai-Stachelmaus reicht vom Sinai über den gesamten Vorderen Orient und Arabien bis Iran und Pakistan.


7. Helle Sinai-Stachelmaus, Acomys dimidiatus ssp.
Foto: Klaus Rudloff 26.1.1991, Haltung: Tierpark Berlin
Fell gelblich. Unterseite weiß, scharf von Oberseite getrennt. Ohren hellgrau bis mittelgrau.
Niemals grau gefärbt zwischen Ohr und Auge. Die Herkunft dieser Farbvariante ist nicht
genau bekannt, möglicherweise handelt es sich um Tiere aus Laborzuchten.


8. Suez-Stachelmaus, Acomys dimidiatus megalodus Setzer,1959
Foto: Klaus Rudloff 20.111.1997, Haltung: Tierpark Berlin
Gelbbraune bis nußbraune Oberseite. Klar getrennt von der weißen Unterseite. Wangen-färbung (zwischen Auge und Ohr) immer braun. Schwanz hell, Ohren dunkel. Typusfundort dieser Unterart ist das Wadi Sayal nahe Suez in Ägypten.


Erläuterungen zur Farbseite Stachelmäuse:

Leider werden die Abbildungen Nr.4 (Dunkle NiI-Stachelmaus) und Nr.6 (Kreta-Stachel zu blaustichig und etwas zu dunkel dargestellt. Für die Farbvorlagen wurden Filmmate' verschiedener Hersteller verwendet. Es war uns nicht möglich, alle Bilder mit den uns Verfügung stehenden Gräten korrekt auszusteuen und wiederzugeben. Wir bitten dafür um Nachsicht.


Tabelle Maße und Gewichte (zusammengestellt nach verschiedenen Autoren)
 
wiss. Name Acomys Körperlänge Schwanzlänge Hinterfußlänge Ohrlänge in mm Gewicht in g
 
A.cahirinus 100-120 92-137 18-22 18-24 40-100
A.dimidiatus 85-125 75-127 18-23 18-28 -
A.d.megalodus - 118 22 25,5 -
A.lewisi 115-192 61-74 19-20 17-19 -
A.minous 92-128 89-120 18-20 16,5-19,5 30-86
A.russatus 84-248 57-70 15-19,5 11,8-20,3 45-60

Schrifttum:

DIETERLEN,F. (1981): Beiträge zur Biologie der Stachelmaus Acomys cahinnus dimidia Cretzschmer. Zeitschrift für Säugetierkunde 26, 1-13.

DIETERLEN,F. (1983): Zur Kenntnis der Kreta-Stachelmaus Acomys (cahirinus) minous Zeitschrift für Säugetierkunde 28, 47-57.

DIETERLEN,F. (1978): Acomys minous (Bate, 1905) - Kreta-Stachelmaus.
In: NIETHAMMER,J. & KRAPP,F.: Handbuch der Säugetiere Europa Band 1, Nagetiere 1, 452-461. Wiesbaden.

DIETERLEN,F. <1988): Echte Mäuse oder Langschwanzmäuse.
In: Grzimeks Enzyklopädie - Säugetiere, Band 3, 199-201.

HAENSEL, J. <1991): Stachelmäuse. Kleinnager mit bemerkenswertem Sozialleben. Unsere Kleintiere 1991, H.1i, 35.

HAIM,A. (Hrsg.) (1994): Acomys: Ecology, Physiology, and Systematic. Israel Journal of Zoology, Vol.40, No.2.

HARRISON,D.L. (1972): The Mammals of Arabia. Vol.3. Lagomorpha, Rodentia. London.

METTLER, M. (1994): In het Spoor van de Stekelmuis.
VEZ (Vereniging van Iiefhebbers van Exotische Zoogdieren) 1994, H

NQWAK,R.M. (1991): Walker's Mammals of the World. Fifth Ed., Vol.2.Baltimore & London


Klaus Rudloff, Tierpark Berlin, Am Tierpark 125, 10307 Berlin
Mike Jordan, Sparsholt College, 15 Raven Road, Hook, Hampshire RG27 9HH


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