HALTUNG UND "GELUNGENER" ZUCHTERFOLG BEI BRAUNRÜCKENTAMARINEN, SAGUINUS FUSCICOLLIS Udo Bleske, Barchfeld
Braunrückentamarin,
Saguinus fuscicollis (Spix, 1823), Saddle-back
Tamarin, Verbreitung: Die Heimat des Braunrückentamarins ist Südamerika. Er bewohnt in zahlreichen Unterarten und Farbformen ein Gebiet, welches vom Osthang der Anden bis zum Südufer des südlichen Amazonas reicht. Braunrückentamarine sind meist paarweise oder in Gruppen von etwa 17 Tieren anzutreffen. Gruppen von Braunrückentamarinen sind häufig mit anderen Tamrin-arten vergesellschaftet. Möglicherweise sind derartige Zusammenschlüsse vorteilhaft mit Bezug unter anderem auf die Vermeidung von Beutegreifern. Ihr Nahrungsspektrum umfaßt Früchte, Samen, Insekten- und kleine Wirbeltiere. Beschreibung: Schutzstatus WA-Anhang II Tagaktiver Krallenaffe, KRL 15-25 cm, SL 30-38 cm, Gewicht 350-500 Gramm. Körperfärbung variabel, Rücken braun, Unterseite rötlich braun, Kopf und Schwanz schwarz. Mund weiß umrandet. Lebenserwartung ca. 15 Jahre. Die Tragzeit beträgt ca. 150 Tage. Geboren werden meistens Zwillinge, manchmal ein, selten, drei Jungtiere. Kommuni kation über Duftstoffe, sowie Rufe. Variationsreiches vogelähnliches Zwitschern spielt im Zusammenleben eine wichtige Rolle. Haltung: Das Bundesministeriurn für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Bonn, Referat Tierschutz, hat in seiner Fassung vom 10. Juni 1996 Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren herausgegeben. Daraus ergeben sich Mindestmaße für Krallenaffen (Paar oder Familiengruppe) Innen- und Außengehege je 5 m^2, Höhe 2,0 m. Die Gehegeeinrichtung soll viele vertikale und horizontale Kletter- und Laufäste haben, sowie Versteck- und Rückzugsmöglichkeiten bieten.Temperaturen im Innengehege nicht unter 18-24°C, bis 5°C dürfen die Affen noch in die Außenanlage. Die Braunrückentamarine sind bei mir in einem Innenraum (5,0 m x 2,6 m x 3,0 m), ausgestattet mit vielen Lauf- und Kletterästen aus Korkenzieherweide. Diese Äste sind sehr dekorativ und bieten den Affen durch ihre Verzweigungen optimale Klettermöglichkeiten. Als Versteckmöglichkeiten habe ich Korkröhren in verschiedenen Höhen angebracht, diese werden auch zum Schlafen benutzt. Ein UV-Strahler und eine Heizung fehlen nicht. Die Temperatur beträgt nachts 20°C und tagsüber 24°C. Das Außengehege (3,0 m x 3,0 x 2,0 m) ist mit Oleander und Holunder bepflanzt, zusätzliche vertikale Äste ergänzen die Anlage. Als Bodenbelag verwende ich Rindenmulch und geschredderte Äste, wodurch bei Anfeuchten ein tropisches Klima erzeugt wird. Futter: Die Tiere erhalten einen Morgenbrei bestehend aus Humana-Bananenbrei, Humana-Heilnahrung, Milupa-Reisflocken, Weizenkleie, Magerquark, Multi-Sanostol, Vitakalk, Calcipot, Traubenzucker, Vigantol (D3), Polybion (Vitamin B-Komplex), Ferro 66, Elotrans (gegen Durchfall). Tagsüber füttere ich verschiedene Obstsorten nach Angebot und Jahreszeit, wie Banane, Apfel, Weintrauben, Melone usw.. Gekochtes Ei und Katzenfutter (mit Geflügel), Südfrüchte wie Apfelsine und Mandarine gebe ich nicht so oft (Durchfall), Gemüse wie Kohlrabi, Gurke, Sellerie,Tomate usw. täglich. Des weiteren bekommen alle Krallenaffen täglich Zwieback, Knäcke- oder Toastbrot, eine Körnermischung aus Erdnüssen, Sonnenblumenkernen, Rosinen und Pellets (von Sniff). Da Braunrückentamarine einen hohen Bedarf an Insekten haben, bekommen die Tiere im Wechsel Heuschrecken, Heimchen, Grillen, Zophobas und Mehlwürrner. Gummiarabicum gebe ich einmal wöchentlich an Stellen, wo die Tiere die Äste angeknabbert haben. Bericht: Ich erhielt im Frühjahr diesen Jahres vom Deutschen Primaten Zentrum Göttingen (DPZ) ein Pärchen Braunrückentamarine "Jakob" und "Lotta". Jacob ist eine-Nachzucht aus dem DPZ und Lotta ein beschlagnahmter Wildfang. Lotta war beim Schmuggel so schlecht untergebracht, daß ihr Schwanz geknickt war und nach einer Entzündung amputiert werden mußte. Im DPZ wurde Lotta im vorigen Jahr mit einem für sie zu großen Männchen verpaart und wurde auch bald schwanger. Als die Geburt einsetzte, bemerkte man, daß Lottas Babys zu groß waren und im Geburtskanal stecken blieben. Alles Pressen half nichts, die Babys mußten mit Kaiserschnitt geholt werden, leider waren beide tot. Lotta war geschwächt und bekam Fieber, aber die Pflegerinnen des DPZ brachten sie durch ihre Fürsorge wieder auf die Beine. Nun war alles überstanden und Lotta erholte sich schnell, doch an eine neue Schwangerschaft wollte keiner denken.Weil Lotta nicht allein bleiben konnte, verpaarte man sie mit Jakob, der ungefähr ihrer Größe entspricht. So kamen die, beiden nun zu mir und fühlten sich in ihrem neuen Gehege auch sichtlich wohl. Mit Heuschrecken konnte ich sie sehr schnell dazu bewegen, an den Draht zu kommen. Ende Juli bemerkte ich, daß Lottas Bauch strammer wurde. Lotta war wieder schwanger. Ich informierte die Pflegerinnen im DPZ, Freude aber auch Bedenken kamen auf. Kann Lotta überhaupt noch Babys normal auf die Welt bringen? Am3.Oktober war essoweit, Lotta hatte in der Nacht ihre Zwillinge bekommen, ganz ohne Hilfe und ohne Komplikationen. Ich war erleichtert. Doch nun stellte sich ein neues, Problem ein, Jakob trug die Jungen nicht. Lotta war sichtlich nervös, wollte sogar die Jungen abstreifen. Immer wieder lenkte ich sie mit Heuschrecken ab, es schien zu funktionieren.Am dritten Tag die gleiche Situation, Lotta war überervös, sie schaffte es, ein Junges abzuwerfen. Es fiel verhältnismäßig weich ins Häckselstreu. Mein erster Gedanke war "Handaufzucht". Doch da besann sich Lotta eines Besseren, rannte einen Ast herunter, nahm das Jungtier auf und rannte genauso schnell wieder nach oben. Vier Wochen sind vergangen und Lotta trägt ihre Jungen mit gekringelten Schwänzen, ein Zeichen von Wohlfühlen, stolz Tag für Tag. In der fünften Woche machen die beiden Kleinen ihre ersten Kletterversuche, noch zaghaft mit lautem Zwitschern, entfernen sich aber nicht weit, von der Mutter. Zu den Futterzeiten werden auch schon kleine Fruchtstücke von den Eltern erbettelt, obwohl auch noch fleißig gesäugt wird. Ich hoffe, daß Lotta und Jakob noch viele Junge bekommen werden und sich eine stabile Gruppe entwickelt. Abschließend ist noch zu sagen, daß es viel Freude macht, diese Tiere mit ihrem munteren Wesen zu beobachten. Schrifttum: Die Primatenhaltung (1997) DPZ, Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 1996) Udo Bleske, Tierpark Bad Liebenstein, Heinrich Heine-Strasse 15, 36456 Barchfeld
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